Die Abgeordnete Caterina Chinnici feiert die neue Richtlinie, die die Anwesenheit eines Anwaltes vor Gericht, das Filmen von Vernehmungen sowie das Erstellen medizinischer und sozialer Gutachten vorschreibt.

Erste europäische Richtlinie zum Schutz Minderjähriger bei Strafverfahren gesichert

https://api.multimedia.europarl.europa.eu/documents/20125/11563172/n004-0040-dex.srt

Die Bereitstellung von Anwälten  für alle Kinder in Strafverfahren,

die Aufzeichnung  sämtlicher Vernehmungen

sowie die eingehende  Untersuchung von Kindern

zählen zu den neuen Garantien der neuen  Richtlinie zum Schutz Minderjähriger.

Wir sprachen mit der Berichterstatterin  im Parlament, Caterina Chinnici.

Hallo. Das hier ist die erste Richtlinie,

die sich konkret mit Rechten  von Kindern in Strafverfahren befasst,

Ganz bestimmt, erstens, weil wir auf dem  europäischen Rechtsraum aufbauen wollen,

den wir allen anstreben,  und zweitens, weil dieses legislative Dossier

die Verfahren für Minderjährige  vereinheitlichen soll,

damit so weit wie möglich EU-weit  dieselben Bedingungen herrschen.

Wir haben Fragen von Bürgern  und Experten und hierzu gesammelt.

Die erste ist von einer  holländischen Vereinigung.

Die Niederlande sind eines der Länder,  die viel aufzuholen haben...

Ja.  -... bei dieser Richtlinie. Hier die Frage.

Ich habe eine Frage  zum obligatorischen Rechtsbeistand.

Ist das Recht auf einen Anwalt  noch obligatorisch,

wenn Kinder auch  darauf verzichten können?

Wir befürchten, dass Kinder, die leichtere  Straftaten begehen und darauf verzichten,

unter langfristigen  negativen Konsequenzen leiden könnten,

wie etwa Probleme bei der Einstellung  wegen einer Vorstrafe.

Der treibende Anlass der Richtlinie  ist eine Konkretisierung

des Prinzips, bei Strafverfahren immer  im Interesse des Kindes zu handeln.

Kinder müssen rundum beschützt werden,  nicht nur während eines Verfahrens,

sondern auch in Situationen,  in denen Kinder besonders gefährdet sind.

Darüber hinaus ist die Anwesenheit  eines Anwalts als Grundrecht verankert.

Aber es sind auch Ausnahmen vorgesehen,  und es ist natürlich verständlich,

dass etwa bei von Kindern verübten  leichteren Straftaten

bei dem nicht unbedingt  ein Anwalt benötigt wird.

Wir haben auch eine Frage aus  Deutschland, danach diskutieren wir weiter.

unter Verteidigerinnen und Verteidigern  in Jugendstrafverfahren

gibt es die Befürchtung, dass eine  allgemeine Pflicht

zur audiovisuellen  Vernehmungsdokumentation

auch einen Eingriff  in Persönlichkeitsrechte darstellen könnte.

Stimmen Sie mir zu, dass, etwa  beim Vorwurf des Diebstahls eines T-Shirts,

die Herstellung eines solchen Videofilms

auch ein Nachteil  für junge Beschuldigte sein könnte?

Audiovisuelle Aufnahmen sind lediglich  für Vernehmungen vorgeschrieben,

nicht für Verhandlungen,  und je nach Komplexität des Falles

sind Ausnahmen zugelassen,  damit Kinder nicht beängstigt werden.

Eine weitere Schutzmaßnahme  für Minderjährige

ist ein individuelles Gutachten, wozu auch  der soziale Hintergrund des Kindes zählt,

aber auch das Recht auf  eine medizinische Untersuchung

Es entsteht der Eindruck, dass hier trotz  guter Absicht zu weit gegangen wurde.

Die individuellen Gutachten  stehen Richtern zur Verfügung,

um die Situation des Kindes  besser einzuschätzen

und ein angemessenes Urteil  finden zu können.

Letztlich geht es darum, für eine Person  jeweils besten Maßnahmen zu ergreifen.

Gut. Unsere letzte Frage  kommt von einer Richterin in Polen.

Sind Verfahren, bei denen die  Beschuldigten nicht mehr minderjährig sind,

Zugang zu Verhandlungen zu gewähren,  etwa für Eltern?

Also, ist es möglich... Die Volljährigkeit  ist je nach Mitgliedsstaat anders.

Die Richtlinie betrifft alle,  die als Minderjährige straffällig werden,

auch wenn sie im Verfahrensverlauf  die Volljährigkeit erreichen.

Ich muss sagen, in meiner  langjährigen Erfahrung als Richterin

habe ich oft erlebt,  wie eine Wiedereingliederung,

die begann, als das Kind noch minderjährig  war, plötzlich abrupt unterbrochen

und bereits geleistete Arbeit  zunichte gemacht wird,

wenn sie etwa in eine Strafanstalt  für Erwachsene verlegt werden.