Während der italienische Premier Silvio Berlusconi damit droht, die Arbeit der EU-Kommission angesichts der Streitigkeiten hinsichtlich der Einwanderung in der EU zu blockieren, bleibt das Asylproblem ungelöst. Zwei MdEPs und ein Experte diskutieren.

Standpunkte: Einwanderung in Europa

https://api.multimedia.europarl.europa.eu/documents/20125/14878839/P002-00056-DE.srt

Willkommen zur ersten Folge von   Standpunkte nach der Sommerpause.

Abgesehen von der Wirtschaftskrise,   die immer noch aktuell ist,

beschäftigt die Europäer auch   das Thema der illegalen Einwanderung.

Wie Sie wissen, sind vor zwei Wochen 75   Menschen, darunter Frauen und Kinder,

auf dem Weg zur italienischen Küste   im Mittelmeer umgekommen.

Man schätzt, dass in den letzten Jahren   12.000 Menschen auf diese Art starben.

Was kann die EU tun,   um diesen Trend umzukehren?

Sind die Mitgliedstaaten bereit,   gemeinsam zu handeln,

wie es die Staaten   in Südeuropa verlangen?

Um darüber zu diskutieren,   sind drei Gäste bei mir.

Hélène Flautre, hallo.   Sie sind ein MdEP der Grünen

und verfolgen das Thema Einwanderung   hier im EP seit 1999.

Ihnen gegenüber   sitzt Mario Borghezio. Hallo.

Sie sitzen seit 2001   für Italien im Europaparlament

und gehören der Fraktion Europa   der Freiheit und der Demokratie an.

Herr Borghezio,   Sie sind Mitglied der Liga Nord,

die Kollegen zufolge   eine euroskeptische Partei ist.

Die Liga Nord gehört auch   der Berlusconi-Regierung in Italien an.

Roberto Maroni, der italienische   Innenminister, ist Mitglied Ihrer Partei.

Und mir gegenüber   sitzt Anaïs Faure Atger. Hallo.

Sie sind Wissenschaftlerin   am Centre for European Policy Studies

und spezialisieren sich   auf Migrationspolitik.

verschaffen wir uns noch einen Überblick   über die Einwanderungspolitik in Europa

Im Januar 2006 gab es in der EU 18   Millionen Menschen aus Drittstaaten -

fast 4% der 493 Millionen   zählenden EU-Bevölkerung.

so kommen die größten Gruppen aus der   Türkei, Marokko, Albanien und Algerien -

Die Zahlen für die illegale Einwanderung   sind längst nicht so eindeutig.

Schätzungen zufolge kamen seit 1988   12.000 Menschen auf dem Meer

bei dem Versuch um,   die Küsten der EU zu erreichen.

Seit 2004 koordiniert Frontex   die operative Zusammenarbeit

zwischen den Mitgliedstaaten   bei der Kontrolle der Außengrenzen.

In einer kürzlichen Entscheidung   zur illegalen Einwanderung

verabschiedeten die MdEPs im Juni 2008   die Rückführungsrichtlinie,

um illegale Einwanderer leichter   in ihre Heimat rückzuführen.

Diese Mindeststandards   zur Rückführung illegaler Einwanderer

wurden von linken Parteien und NGOs   kritisiert und beschämend genannt.

Die europäische Gesetzgebung deckt   das Feld der illegalen Einwanderung ab,

aber was ist   mit der legalen Einwanderung?

Drei EU-Richtlinien   regeln diesen Bereich.

Eine Richtlinie von 2003   regelt die Familienzusammenführung.

Seit Ende 2003 stellt die Union   langfristige Aufenthaltsgenehmigungen

an Drittstaatangehörige aus,   die seit fünf Jahren legal in der EU sind.

die Zulassungsbedingungen für   Drittstaatangehörige zum Studium,

Schüleraustausch, zu unbezahlter   Ausbildung und zu Volontariaten an.

Ihr Recht auf Reisen   zwischen EU-Ländern wurde anerkannt.

Während die Binnengrenzen geöffnet und   die Außengrenzen verschärft wurden,

steht der Entwurf einer   EU-Einwanderungspolitik noch aus.

Im ersten Teil unserer Diskussion   geht es um folgenden Aspekt:

Angesichts des Zustroms illegaler   Einwanderer an die Küsten Europas,

ist die EU mit der gegenwärtigen   Situation überfordert?

Hélène Flautre. Ist Europa   mit der Einwanderung überfordert?

Das Gros der Migrationsbewegungen   hat nicht Europa als Ziel,

sondern findet zwischen armen Ländern   und weniger armen Ländern statt.

Dennoch schottet Europa   seine Grenzen ab.

Dadurch drängt es die Migrationsströme   und -routen in die Illegalität,

wodurch die Grenzübertritte   für Einwanderer gefährlicher werden.

So kommt es zu den schrecklichen   Zahlen im Bericht,

12.000 Menschen starben im Mittelmeer   bei dem Versuch überzusetzen.

Das ist die Situation heute.   Es ist offensichtlich die falsche Antwort,

da man sieht, dass die Leute gewillt sind,   ihr Leben zu riskieren.

In dem Fall sollten wir sie nicht   um jeden Preis am Kommen hindern,

wie es die Agentur Frontex tut,   indem sie sie einfach zurückschickt.

Wir sollten   diese Bewegungen begleiten,

damit die Rechte dieser Menschen   respektiert werden.

Davon sind wir heute noch weit entfernt.

Mario Borghezio, ist Europa heute   mit der Zuwanderung überfordert?

Europa hat das Thema seit Jahren   gegen unseren Ratschlag aufgegeben.

Wir haben immer   auf dieses Problem hingewiesen,

aber Europa meinte, dies sei das   alleinige Problem der Mittelmeerstaaten.

Außerdem ignorierte Europa   den schwerwiegendsten Aspekt,

Diese Menschenbewegungen,   diese 12.000...

Ich weiß nicht,   ob 12.000 Menschen starben,

aber es gibt die Opfer des illegalen,   kriminellen Menschenschmuggels,

Die Politik der Mitgliedstaaten   im Süden der EU

sah diese Art von Einwanderung   als etwas Natürliches an.

Es hieß: "Wir können   gegen diese Zuwanderung nichts tun."

Das ist das genaue Gegenteil   von dem, was wir glauben.

Wir glauben, dass diese Bewegungen   soziale Gründe haben,

und Gründe, die mit der Situation   in Afrika zu tun haben,

aber sie haben auch   einen kriminellen Hintergrund.

dass wir es mit organisiertem   Menschenschmuggel zu tun haben.

oder in Länder bringen,   die sie nicht dahaben wollen,

und in den Frauenhandel   und derartiges involviert sind.

Wenn es den Menschenschmuggel   und Menschenhandel gibt,

was in meiner Region in   Nord-Pas-de-Calais eine Realität ist,

dann liegt das daran,   dass die Grenzen abgeschottet wurden.

Es sind die Polizeikontrollen und die   fehlenden legalen Migrationswege,