Wir fragen EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg, welche Lehren aus dem Skandel gezogen wurden und wie das Vertrauen der Verbraucher wiederhergestellt werden kann.

Interview: Wie geht die EU mit dem Pferdefleischskandal um?

https://api.multimedia.europarl.europa.eu/documents/20125/16232338/n003-0235-de.srt

Tonio Borg, EU-Kommissar  für Gesundheit und Verbraucherschutz.

Der Pferdefleischskandal  so kurz nach Ihrem Amtsantritt -

Hat man zu diesem frühen Zeitpunkt  bereits Lehren gezogen?

Man kann zu jedem Zeitpunkt  Lehren ziehen.

als es ein Mitgliedstaat war,  der den Betrug aufgedeckt hat.

Die Durchsetzung der Rechtsvorschriften,  die ja bestehen -

es ist keine Frage  von mangelnden Vorschriften -,

Der betroffene Mitgliedstaat, Irland,  hat sie durchgesetzt.

Infolge dieses Betrugs  und eines weiteren Falls in Großbritannien

hat die Kommission  koordinierte Kontrollen angeordnet,

Sie werden  von der EU-Kommission kofinanziert.

Ja, es wurden Lehren gezogen.  Wir bereiten ein Gesetzespaket vor.

Es war schon  vor diesem Vorfall in Arbeit,

wurde aber nun  um den folgenden Vorschlag erweitert:

Künftig sollen bestimmte Kontrollen  nicht nur empfohlen werden,

sondern die Durchführung soll  für die Mitgliedstaaten verbindlich sein.

Gesetzesverstöße sind  natürlich nie ganz auszuschließen.

Das Wesentliche  bei der Aufdeckung solcher Fälle ist,

dass die Ermittlungen  zu strafrechtlichen Maßnahmen führen

und die kriminellen Handlungen  adäquat geahndet werden.

Die Sache kam  bei einer Routinekontrolle ans Licht.

Aber es war eine Stichprobe,  die relativ selten sind.

Irland hat nur 15 Kontrolleure.  Gibt es solche Verstöße also schon lange?

Möglich. Es ist vor allem  den modernen Testverfahren zu verdanken,

dass solche Betrugsfälle  aufgedeckt werden.

Bis vor zehn Jahren  gab es keine DNA-Tests

zur Identifizierung von in Lebensmitteln  verarbeiteten Tierbestandteilen.

Wir verdanken es den neuen Technologien,  dass wir diese Dinge ermitteln können.

Die Kontrollen sind Sache  der Mitgliedstaaten.

Dieser Betrug wurde  bei einer Routinekontrolle

der preisgünstigsten Hamburger  in einem irischen Supermarkt aufgedeckt.

Insofern hat das System gut funktioniert.

Ob man die Häufigkeit  der Kontrollen erhöhen sollte,

hängt stark von den finanziellen und  personellen Ressourcen der Staaten ab.

Wir dürfen nicht vergessen,  dass dies ein Ausnahmefall ist.

Täglich werden Millionen  von Fleischwarenkäufen getätigt.

Wir haben einen Binnenmarkt  mit 500 Millionen Verbrauchern.

dass nur eine kleine Zahl von Verbrauchern  von diesem Betrug betroffen war.

Aber natürlich ist es ein Vertrauensbruch.

Gesundheitliche Bedenken bestehen nicht.  -Es ist ein Betrug.

Scheinbar waren  kriminelle Organisationen beteiligt.

Es war kein reines Versehen, oder?  -Das lässt sich noch nicht genau sagen.

Wir müssen  die Ergebnisse der Kontrollen abwarten.

können wir uns  Klarheit darüber verschaffen,

ob es sich um gewöhnlichen Betrug handelt  oder ob mehr dahintersteckt.

Müssen die Zutaten von verarbeiteten  Lebensmitteln künftig angegeben werden?

Die Angabe der tierischen Bestandteile  ist bereits Vorschrift.

Zur Debatte steht nun die Herkunftsangabe.

Bei Frischfleisch vom Rind  ist die Angabe bereits verbindlich.

Die Frage ist, ob das auch für Hackfleisch  in verarbeiteten Produkten gelten sollte.

Die Frage hat mit diesem Betrugsfall  aber nichts zu tun.

Eine verbindliche Herkunftsangabe  hätte ihn nicht verhindert.

Aber eine wachsende Zahl  von Mitgliedstaaten fordert,

dass diese Situation  als Sprungbrett genutzt wird,

um weitere Etikettierungsvorschriften  einzuführen. Wir prüfen das derzeit.

Wie wollen Sie und die EK das  erschütterte Vertrauen wiederherstellen?

Es geht nicht um Lebensmittelsicherheit.  Wir dürfen nicht unnötig Panik verbreiten.

Zweitens: Die Ergebnisse der Kontrollen  werden so bald wie möglich veröffentlicht.

Es wäre sinnlos, die Kontrollen  anzuordnen und mitzufinanzieren

und die Ergebnisse dann geheim zu halten.  Sie müssen transparent sein,

auch um Befürchtungen entgegenzutreten,  diese Art Betrug sei weit verbreitet.

Nur ein kleiner Teil des Marktes  ist betroffen,

Ein ursächlicher Aspekt dieses Falls  ist sicher auch,

dass die Leute erwarten,  dass Lebensmittel preisgünstig sind.

Vor 30 Jahren waren sie  gemessen am Einkommen viel teurer.

Die Produzenten suchen also nach den  billigsten Quellen für Fleischprodukte...

Ich denke, es ist ein reiner Betrugsfall.  Das Motiv war Profitgier.

Die Verantwortlichen  waren auf finanzielle Vorteile aus.

Es liegt ein Verstoß gegen EU-Recht vor.  Das ist nicht zu entschuldigen.