Der scheidende Vorsitzende der Euro-Gruppe sagt im Europäischen Parlament, dass die Wirtschaftsaussichten sich aufhellen. Wie hell, fragen wir - und wie sieht es mit Europas ärmsten Bürgern aus?

Interview: Jean-Claude Juncker - Das Schlimmste ist vorüber

https://api.multimedia.europarl.europa.eu/documents/20125/16180979/n003-0225-de.srt

Jean-Claude Juncker,  scheidender Eurogruppen-Chef.

Laut Bundeskanzlerin Merkel  wird 2013 ein schwieriges Jahr.

Wolfgang Schäuble sagt dagegen,  die Euro-Krise sei überwunden.

Womit ist Ihrer Ansicht nach zu rechnen?

Ich denke, wir werden auch 2013  mit den Problemen zu tun haben,

die uns im Jahr 2012 beschäftigt haben.

2012 war ein relativ gutes Jahr  für die Eurozone,

da die Verhandlungen  zu fruchtbaren Ergebnissen geführt haben.

Ich erwarte,  dass sich die Lage im Jahr 2013

daher in mancher Hinsicht  entspannen wird.

Sie haben im EP,  und das nicht zum ersten Mal,

grundlegende soziale Rechte für  besonders bedürftige EU-Bürger gefordert.

Sie sollen EU-weit gelten  und einen Mindestlohn umfassen.

Ich mache mich seit mindestens 20 Jahren  für diese Idee stark.

und dem erfolgreichen Aufbau  der Wirtschafts- und Währungsunion -

ist es nun an der Zeit,  obwohl es im Grunde zu spät ist,

übergreifende soziale Mindeststandards  für Arbeitnehmer einzuführen,

die in der Eurozone  sowie in der gesamten EU gelten.

In allen Euroländern muss es  einen gesetzlichen Mindestlohn geben.

Meiner Ansicht nach  ist ein Mindesteinkommen

für die bedürftigsten Bürger erforderlich.

Es muss nicht überall gleich hoch sein,

aber das Prinzip muss  in der gesamten Eurogruppe gelten.

Die Bedürftigsten leiden  am stärksten unter der Sparpolitik.

Ich bin zutiefst betrübt  über einige der Maßnahmen,

die in den Krisenstaaten getroffen wurden,

auch wenn diese Länder natürlich  enormen Problemen gegenüberstehen.

Ich beziehe mich damit nicht auf Irland,

weil die irische Regierung ihre Aufgabe  meiner Meinung nach sehr gut bewältigt.

Aber in Bezug auf Griechenland  erscheint mir mitunter,

und die Reichen  von jeder Last verschont bleiben.

Der Norden wirft dem Süden  bisweilen Verschwendungssucht vor,

aber Sie sagen,  diese Länder haben kein Recht dazu.

Obgleich die südlichen Mitgliedstaaten  in manchen Bereichen weniger strikt waren,

haben sie keinen Grund,  sich zu entschuldigen.

Sie mussten umfangreiche  Reformprogramme durchführen,

Irland unterscheidet sich  von den südlichen EU-Ländern -

dass sie diese harten Sparprogramme  getragen haben.

Ich glaube nicht, dass der Norden  dem Süden darin überlegen ist.

Wir haben andere Probleme,  aber auch strukturelle Schwächen.

Jean-Claude Juncker,  herzlichen Dank und viel Glück.