Ist Polen für junge Beschäftigte ein Land der Möglichkeiten oder sind die Löhne zu niedrig? EuroparlTV berichtet über unterschiedliche Erfahrungen auf dem polnischen Arbeitsmarkt.

Reporter: Die zwei Gesichter des polnischen Arbeitsmarktes

https://api.multimedia.europarl.europa.eu/documents/20125/15645227/M003-0132-DE.srt

Am 1. Juli 2011 übernimmt Polen  die EU-Ratspräsidentschaft.

Das Image des Landes hat sich  seit dem EU-Beitritt stark gewandelt.

EuroparlTV trifft zwei junge Warschauer  mit unterschiedlichen Erfahrungen.

Die 26-jährige Warschauerin Ela  fühlt sich privilegiert.

Nur wenige Leute in ihrem Alter können  es sich leisten, alleine zu leben.

Zum Glück gehört mir die Wohnung.  Ich muss keine Miete zahlen.

Sonst würde ich jetzt noch  mit meinen Eltern zusammenwohnen.

Wer nicht das Glück hat, eine Erbschaft  gemacht zu haben oder Ähnliches,

der hat kaum eine Möglichkeit,  von zu Hause auszuziehen.

Im Beruf ist Ela  jedoch weniger privilegiert.

Sie hat Psychologie und Kunstgeschichte  in Polen und Deutschland studiert.

aber Lohn- und Sozialunsicherheit  gehören auch für sie zum Alltag.

Ela arbeitet seit zwei Jahren  in einer psychologischen Praxis.

Sie verdient 2000 Zloty im Monat,  umgerechnet knapp 500 Euro.

Ich sehe nach,  ob wir einen freien Termin haben.

Die Arbeitgeberkosten  sind in Polen sehr hoch.

Mein Arbeitgeber versucht deshalb,  die Kosten zu senken,

indem er mich zwar  als Bürokraft einsetzt,

mich aber nicht offiziell  als Sekretärin beschäftigt.

Ich habe eine eigene Firma gegründet,  um mein Gehalt aufzubessern.

Ich biete nebenher Schulungen an,  zum Beispiel Managementprogramme.

In Polen gibt es Millionen  junge Beschäftigte wie Ela.

Sie haben es nicht einfach, aber  ihre Situation ist nicht ungewöhnlich.

Verglichen mit anderen EU-Ländern ist  die Wirtschaftslage in Polen gut.

Das Phänomen des "polnischen  Klempners" gehört der Vergangenheit an.

Der 26-jährige französische  Verkaufsmitarbeiter Boris Fournier

versucht sein berufliches Glück  in Warschau.

Willkommen an meinem Arbeitsplatz,  Telit Management.

Wir sind ein Beratungsunternehmen  im Bereich Telekommunikation.

Wir bieten auf diesem Gebiet  unter anderem Outsourcing-Dienste an.

Boris hat im Rahmen  seiner Tätigkeit Polnisch gelernt.

Er leitet mühelos Besprechungen -  doch zum Gehalt äußert er sich nicht.

Es ist niedriger als in Frankreich,  aber das Leben in Warschau ist billiger.

Warum hat dieser junge Uni-Absolvent  Polen als Arbeitsland gewählt?

Man kommt schneller voran,  junge Leute erhalten eher Verantwortung.

Auf welcher Uni waren Sie?  Welchen Abschluss haben Sie?

Das System in Frankreich  ist hierarchisch,

man muss dort mehrere Jahre  auf eine Beförderung warten.

Hier kommt man schlicht und einfach  durch gute Leistungen weiter.

Das Durchschnittsalter hier ist 30.  Die Arbeitslosenquote liegt bei 10%.

Könnte man angesichts dieser Tatsache  nicht auch polnische Mitarbeiter finden?

Welche Vorteile  hat der junge Franzose zu bieten?

Boris sieht die Dinge  oft aus einer anderen Perspektive.

Er bringt einen französischen Stil  in die Arbeit mit ein.

Er bereichert unser Team,  auch was unser Image anbelangt.

Polen steht  vor großen Herausforderungen.

Unsere Protagonisten  haben beste Erfolgschancen,

zählen bisher aber zu einer kleineren,  privilegierten Bildungsschicht.

Es bleibt abzuwarten, ob sie zum Symbol  des zukünftigen Polens werden.